LG Frankfurt zum Drohnenrecht: Panoramafreiheit gestärkt

Die Frankfurter Urheberrechtskammer (6. Zivilkammer), geschätzt für innovative, vor allem tragfähige Entscheidung in bester Kenntnis von Spezialmaterie, hatte über die Frage zu entscheiden, ob die mit einer Drohne gefertigten Aufnahmen eines urheberrechtlich geschützten Bauwerkes eine Urheberrechtsverletzung darstellen oder unter die Privilegierung der Panoramafreiheit gemäß § 59 Urhebergesetz fallen. Im konkreten Fall ging es um die aus der Luft fotografierte Limburger Autobahnbrücke.

Bemerkenswert ist, dass die Kammer nicht mehr an den tradierten, 17 und 18 Jahren alten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (Verhüllter Reichstag und Hundertwasser-Haus) festhielt, sondern souverän sich in gewohnter Weise mit der neueren technischen Entwicklung auseinandersetzte und die Rechtsfragen europarechtlich auslegte.

Der Kern der Begründung zur Privilegierung durch die Panoramafreiheit folgte für die Richter aus Art. 5 Abs. 3 Buchst. h InfoSoc-RL, der über die richtlinienkonforme Auslegung ergibt, dass auch Luftbildaufnahmen von § 59 Abs. 1 Urhebergesetz gedeckt sind.

Während früher vertreten wurde, dass die Panoramafreiheit bereits dadurch ausgeschlossen sei, dass Hilfsmittel eingesetzt würden, wie zum Beispiel Leitern, Hubschrauber oder daraus abgeleitet eben Drohnen, kommt es bei der richtlinienkonformen Auslegung vielmehr darauf an, ob das Werk von einem öffentlichen Ort einsehbar ist, wobei das besonderer in dem Urteil die Auslegung der öffentlichen Einsehbarkeit ist.

Unter Verweis auf § 1 Abs. 1 LuftVG, wonach die Benutzung des Luftraums durch Luftfahrzeuge grundsätzlich frei ist, und die technische Entwicklung der letzten Jahre zu berücksichtigen ist, greife die Panoramafreiheit jedenfalls dann, wenn durch den Einsatz technischer Mittel kein sich Sichtschutz, wie eine Hecke oder eine Mauer, überwunden wird.

Auch könne es unter Berücksichtigung der BGH-Entscheidung Aida-Kussmund, keinen Unterschied machen, ob die Aufnahmen mit Hilfsmitteln, wie zum Beispiel Boote und Schiffe oder eben Drohnen gemacht werden, denn der BGH habe implizit den Einsatz von Hilfsmitteln für zulässig erklärt.

Schließlich flankiert die Kammer ihre Begründung noch mit dem Wegfall des früher in § 27 Abs.2 LuftVG (a.F.) geregelten Verbots, außerhalb des Fluglinienverkehrs ohne behördliche Erlaubnis Luftaufnahmen zu fertigen mit der Begründung der Aufhebung, dass angesichts der Satelliten und Fototechnik der Grund für die Vorschrift längst entfallen ist.

Praxistipp

Vorausgeschickt werden muss, dass die brandneue Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist, weshalb in Betracht zu ziehen sein könnte, dass der Urhebersenat des Oberlandesgerichts, falls Berufung eingelegt würde, die Rechtsfragen auch anders beantworten könnte. Erfahrungsgemäß halten aber die meisten Urteile der Urheberkammer in der Berufungsinstanz.

Durch die Sonderzuständigkeit für Urheberrecht des Landgerichts Frankfurt bedeutet dies für Drohnenflieger in Hessen, dass erst einmal zumindest das Risiko für Abmahnungen gefallen ist, da die Panoramafreiheit jedenfalls für öffentlich zugängliche Gebäude gilt, beispielsweise in Wiesbaden die urheberrechtlich geschützte Rhein-Main Halle o. ä. innovative Bauwerke.

Weil nicht entscheidungserheblich, wurde gleichsam nicht entschieden, ob die Panoramafreiheit auch für (private) Gebäude gilt, die durch Sichtschutz der Öffentlichkeit verborgen bleiben sollen, wobei auch hier darüber diskutiert werden mag, ob und in welchem Umfang ein Sichtschutz die allgemeine Zugänglichkeit beschränkt.

Soweit aber diese Gebäude in entsprechender Höhe überflogen werden, dürfte nach diesseitiger Rechtsauffassung auch hier wiederum die Panoramafreiheit greifen.

06.12.2020 – RA Dr. Hajo Rauschhofer

Urteil: LG Frankfurt am Main, Urt. v. 25.11.2020, Az. 2-06 O 136/20) bei Kollegen RA Müller

Kommentar verfassen

von Anders Noren.

Nach oben ↑

%d Bloggern gefällt das: